Abschied von Tankred Dorst und Wilhelm Killmayer
„So long!“
Im Herbst 1951 stieß ein Germanistikstudent zum
13 Jahre gehörte er dem Theater an; hier machte er auch seine frühen Gehversuche als Dramatiker. Außerdem beschäftigten sich seine ersten Veröffentlichungen, der 1957 erschienene Band „Geheimnis der Marionette“ und das Werkstattbuch „Auf kleiner Bühne. Versuche mit Marionetten“ von 1959, mit dem Kleinen Spiel und seinen dort gesammelten Erfahrungen. Dorst entwickelte darin eine wegweisende Dramaturgie des Marionettentheaters mit seinen spezifischen Ausdruckmöglichkeiten.
Tankreds Vision von damals gilt noch heute für die Inszenierungen des Kleinen Spiels:
„Wir wollten nicht mehr die alten klassischen Stücke spielen, weder Faust noch Goldoni, noch Haydn. Wir lehnten die Imitation des Menschentheaters ab. Um genau zu sein, wir wollten die Gattung des Marionettentheaters völlig neu erfinden. Unserer Meinung nach konnte die Marionette die schöpferische Phantasie vollkommener verkörpern als der menschliche Schauspieler. Sie ist keinen physikalischen Zwängen wie der Mensch unterworfen und noch nicht mal an seine äußere Erscheinung gebunden: Sie kann schweben, sich verwandeln, plötzlich erscheinen und verschwinden, wie die gleitenden Bilder des Traums. (…). Unser Theater wollte ein Theater der Bilder ohne Psychologie, ein Theater der Poesie und des Traums sein. Wir wollten Geschichten erzählen.“ (aus „Nous voulions raconter des histoires“ von Tankred Dorst. In: Puck. La marionnette et les autres arts. Nr. 8, 1995)
Insgesamt schrieb Dorst acht Stücke eigens für das Kleine Spiel, in denen er Wort und Handlung, Figur und Aktion harmonisch miteinander zu verbinden versuchte. Einige davon stehen auch heute noch auf dem Spielplan:„A Trumpet for Nap“, ein Trompetermärchen (1959), die Kannibalette „Maipus Versuchung“ (1961) und „Die Geschichte von Aucassin und Nicolette“ (Erstaufführung 1953, Neuinzenierung 1964).
„Ich erinnere mich an all dies gern zurück. Wie weit es heute weg ist! Ich habe andere Stücke geschrieben; die Notwendigkeit, sich der Realität stärker anzunähern, den Problemen und der Tragik unserer Existenz, hat mich immer weiter von meinen Anfängen entfernt, auch wenn man in den realistischen Stücken manchmal Elemente finden kann, die aus dem Marionettentheater kommen. Heute denke ich, es wäre vielleicht gut, wieder mit dem Schreiben von Marionettenstücken anzufangen – mit der ganzen Lebenserfahrung im Hintergrund.“ (aus „Nous voulions raconter des histoires“ von Tankred Dorst, 1995)
Tankred Dorst starb am 1. Juni 2017 in Berlin. Seine Stücke, seine liebevollen Figuren und die einprägsamen Songs werden bleiben, auch für das Publikum des Kleinen Spiels.
Das Stadtmuseum München hat der Tätigkeit von Tankred Dorst eine Ausstellung in seiner Puppentheatersammlung gewidmet.
“…“So long!“ sagt Tante Rebecca, und verschwindet.“